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nach Smyrna. KASTRO. 15. Route. 191

Die Insel Chios (türk. Sakis Adasí, 826,7qkm groß, mit 70000
griechischen Einw.) mit ihren hohen schroffen vegetationslosen, auf
Steinkohlenformation auflagernden Kalksteinbergen (im N. der Hag.
Elias, 1260m) tritt immer deutlicher hervor. Die Südspitze Kap
Mastiko
(im Altertum Phanä) bleibt l., es folgen sanftere Hügel mit
Mastix-Wäldern. Der Dampfer fährt in die ca. 7km breite Meerenge,
die jetzt Chios vom Festlande trennt, dessen SW.-Spitze Kap Bianco
oder Aspro (einst Argennon) weit nach W. vorspringt. Im Kanal
Klippen, eine mit einem Leuchtfeuer. R. amphitheatralisch auf-
steigend
Tscheschmé, Stadt von 5550 Einw. (Haltepunkt des öster-
reich.
Dampfers; Konsularagentur von Österreich-Ungarn), überragt
von einem mittelalterlichen Schloß, mit lebhaftem Schiffsverkehr
und Rosinenhandel. Bei Tscheschmé wurde 1770 von den Russen
die türkische Flotte vernichtet. Dann um Kap Eleni (einst Poseidion)
herum zur Reede von

Kastro. Gasth.: Xenod. Nea Chios, gut. Zollamt. Kon-
sularvertretung
haben Deutschland (Vizekonsul Dr. Ornstein), Österreich-
Ungarn
und England. Post: türkisches, österreichisches, französisches, russi-
sches
Postamt
. Agentur der Banque Ottomane.

Kastro oder Chios, Hauptstadt der Insel Chios, mit 14250 meist
griechischen Einw., steigt halbmondförmig am Meere auf und nimmt
etwa die Stelle des alten Chios ein, dessen Hafen einst tiefer in das
Land reichte und jetzt versandet ist. Das Ufer ist weithin mit
Zitronen- und Orangenhainen, Weingärten, Feigenbäumen und
Wohnstätten bedeckt; im Hintergrunde fruchtbare Hügel, überragt
von kahlen Kalksteinbergen. Ort und Insel blühen seit dem furcht-
baren
Erdbeben von 1881 neu auf. Ein wichtiger Ausfuhrartikel ist
das aromatische Harz der Mastixstaude.

Chios wurde früh von den Ioniern besiedelt und war eines der reichsten
und bedeutendsten Glieder des Ionischen Städtebundes, dessen religiöser
Mittelpunkt das Panionion (S. 255) war. Außer Chios gehörten ihm an:
Milet, Ephesos, Samos, Erythrä, Kolophon, Lebedos, Teos, Klazomenä,
Phokäa, Priene, Myūs und seit dem VII. Jahrh. v. Chr. Smyrna. Ionisch
war also das schöne mittlere Stück der Westküste Kleinasiens, während
sich im N. äolische (S. 189), im S. dorische (S. 236) Griechen angesiedelt
hatten. Wie Smyrna machte Chios Anspruch, die Geburtsstätte Homers
zu sein (S. 192). Im VI. Jahrh. besaß es eine bedeutende Bildhauerschule.
Kyros eroberte die Insel um 545. Beim Ionischen Aufstande stellte sie zur
Schlacht bei Lade (494) die größte Zahl von Schiffen (100). 477 wurde sie
autonomes Mitglied des Attischen Seebundes und blieb Athen lange Zeit treu.
30000 Freie und 100000 Sklaven sollen damals die Insel bewohnt haben,
die durch ihren Wein, durch Handel und Gewerbe (Betten und Sofas waren
berühmt) reich wurde. 412 fiel sie von Athen und 394 wieder von Sparta
ab, unter dem sie stark gelitten hatte. 377 trat Chios als erstes Mitglied
dem zweiten attischen Seebunde bei; 357 schied es wieder aus. 201 kämpfte
es gegen Philipp V. von Makedonien, 190 mit Rom gegen Antiochos, 86 da-
gegen
auf seiten des Mithradates. 85 wurde es frei. Nach dem großen
Erdbeben (17 nach Chr.) wurde die Stadt auch vom Kaiser Tiberius unter-
stützt
. Später wurde sie Bischofsitz und schon 1089 von den Seldschuken
verwüstet. 1201 kam die Insel an die Venezianer. Von 1346 an war sie
im Besitz der Giustiniani von Genua, deren Wappen in der Zitadelle er-
halten
sind. Erst 1566 unter Suleïman wurde sie türkisch. Bekannt ist
ihre Teilnahme am griechischen Freiheitskampfe und die Niederwerfung
im Massacre von Chios (1822).